Die Idee eines sexpositiven Sexshops mag zunächst etwas seltsam klingen, so wie ein schuhpositiver Schuhladen oder ein buchpositiver Buchladen. Sind nicht alle Sexshops von Natur aus sex-positiv? Die Wahrheit ist, dass das Verhältnis der Gesellschaft zur Sexualität - im Gegensatz zu ihrem Verhältnis zu Schuhen oder Büchern - ziemlich kompliziert ist.

Der öffentliche Diskurs über Sexualität ist sehr von geschlechtsspezifischen Doppelstandards (nach dem Motto "sie ist eine Schlampe, er ist ein Hengst"). In den Mainstream-Medien wird suggeriert, dass jeder (erfolgreiche) Mensch ständig tollen Sex haben sollte, doch die Sexualerziehung in den Schulen ist oft erschreckend unzureichend. Während hochgradig sexualisierte Bilder von Frauenkörpern verwendet werden, um jedes Produkt unter der Sonne zu verkaufen, werden Sexarbeiter*innen in vielen Ländern stigmatisiert und ihnen grundlegende Rechte verweigert.

Dieses komplexe Geflecht widersprüchlicher und schädlicher Werte kann als sex-negativ bezeichnet werden. Bei Sex-Negativität geht es nicht unbedingt um Prüderie oder Zensur. Wie Charlie Glickman erklärt, kann auch eine Gesellschaft, in der Lebensmittel im Überfluss vorhanden sind, ein negatives Verhältnis zum Essen haben. So können sexgesättigte Räume, wie z. B. Mainstream-Sexshops, die Scham und Unsicherheit, die durch eine sexnegative Welt entstehen, aufrechterhalten - und daraus Kapital schlagen.

Aus diesem Grund ist es für uns ein entscheidendes Element eines alternativen Sexshops, bewusst sex-positiv zu sein. All die negativen und widersprüchlichen Botschaften da draußen können dazu führen, dass Menschen sich schämen, weil sie viel Sex wollen oder keinen wollen, weil sie pervers oder vanilla sind, weil sie wissen, wen sie begehren oder was sie genießen, oder weil sie diese Dinge nicht wissen.

Für uns geht es bei Sex-Positivität darum, diese Entscheidungen zu respektieren und zu würdigen. Es gibt nichts Falsches an Sex, und es gibt auch keinen richtigen Weg, ihn zu wollen, zu haben oder zu empfinden. Egal, ob du eine selbsternannte Schlampe oder bekennend asexuell bist, wir unterstützen und feiern deine Selbstbestimmung!

Wir werden dir nicht sagen, wie deine Sexualität sein "sollte", aber wir stehen für offene und ehrliche Diskussionen darüber zur Verfügung, was es bedeutet, ein sexuelles Wesen zu sein - unsere Gefühle gegenüber unserem Körper, unsere Wünsche und Fantasien, Zustimmung und Grenzen, unsere Beziehungen und das breite Spektrum möglicher sexueller Praktiken, aus denen wir wählen können.

Sex-Positivität wird manchmal missverstanden (oder falsch dargestellt) als ein Beharren darauf, dass Sexualität immer und von Natur aus positiv ist - im Gegensatz zu einer Bewegung hin zu einem positiveren Verständnis von Sexualität als dem, das derzeit vorherrscht. Es geht nicht darum, eine Welt zu schaffen, in der "alles erlaubt" ist - im Gegenteil, begeistertes Einverständnis und Respekt für Grenzen und Wünsche stehen im Mittelpunkt der sex-positiven Bewegung.

Wir sind uns bewusst, dass viele von uns negative sexuelle Erfahrungen gemacht oder Vergewaltigungen und sexualisierte Gewalt überlebt haben, und bemühen uns, ein unterstützender Ort zu sein, an dem schwierige Gefühle in Bezug auf Sex verarbeitet werden können und an dem Betroffene Zugang zu spezifischen Ressourcen haben.

Sex-Positivität prägt alles, was wir tun, von der offenen und freundlichen Art, mit der wir mit unseren Kund*innen über Sex sprechen, bis hin zu unseren bequemen Sesseln und dem kostenlosen Tee. Wir bemühen uns, Überzeugungen, dass Sex schändlich oder schlecht ist, bewusst zu destabilisieren und ihnen zu widersprechen, und hoffen, dass die integrative, informative und gemütliche Atmosphäre, die wir bieten, andere dazu ermutigt, das Gleiche zu tun.